Fedora 39 ist da. Was im November 2003 mit der Erstveröffentlichung Fedora Core 1 begann, ist nach nun zwei Dekaden bei Version 39 angekommen und hat die runde 40 damit nur knapp verfehlt. Fedora war zweifelsfrei ein Meilenstein in der Geschichte von Linux, da es eine solide und kostenlose Version des freien und quelloffenen Betriebssystems mit graphischer Benutzeroberfläche zur Verfügung stellte und für viele Nutzer damals der Einstieg in die Linux-Welt war.
In den folgenden Jahren etablierte sich Fedora als beliebte Alternative neben Debian und Distributionen auf Debian-Basis. Viele andere Distributionen kamen und gingen, stiegen auf und fielen wieder in ihrer Beliebtheit, doch Fedora blieb insgesamt stabil. Gerade Ubuntu, welches etwa ein Jahr nach Fedora erschien, galt als Äquivalent für alle, die lieber auf Debian-Pakete setzen. Nicht zuletzt wegen der sich überschneidenden Zielgruppe von (neuen) Nutzern, die einfach ein funktionierendes System ohne zu viel Bastelei wollten, und der gleichen Wahl der Desktop-Umgebung “Gnome”: Diese bringt Fedora nun mit Gnome 45 in der neuesten Version und typisch für Fedora wird diese faktisch in unveränderter Form belassen. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Anpassungen bei z.B. Ubuntu in den letzten Jahren anschaut. Deshalb ist Fedora auch eine gute Wahl für alle, die eine möglichst reine Gnome-Erfahrung wünschen.
Ein größerer Unterschied zwischen Ubuntu und Fedora bestand aber darin, dass Ubuntu als Community-Linux gedacht war, während Fedora das kostenlose Angebot des Unternehmens Red Hat war und eher als Corporate-Linux gesehen wurde. Nicht ganz uneigennützig, da die Nutzer von Fedora im Grunde als kostenlose Produkttester für das kostenpflichtige Angebot Red Hat Enterprise Linux (RHEL) fungierten. Dies war aber in Ordnung und Fedora positionierte sich in der Linux-Welt im Bereich zwischen stabilem Point Release, wie Ubuntu LTS, und (häufiger) instabilem Rolling Release, wie Arch Linux. Zudem hat sich auch Ubuntu in den letzten Jahren zunehmend vom Status als transparentes Community-Linux entfernt und das Unternehmen dahinter, Canonical, verärgerte Ubuntu-Nutzer wiederholt mit seinen Entscheidungen. Ob das Aufzwingen des eigenen Paketformats “Snap” oder die zunehmende Kommerzialisierung von Ubuntu, die viele an Red Hat erinnerte – immer mehr Nutzer kehrten Ubuntu den Rücken und stiegen auf Alternativen um. Hier sei beispielhaft nur Linux Mint genannt, welches gezielt auf Snap-Pakete verzichtete und mit seiner Version LMDE sogar komplett ohne Ubuntu auskommt.
Was Fedora betrifft, so gab es 2018 ebenfalls einen großen Einschnitt: Das Unternehmen Red Hat wurde durch den Brachenriesen IBM übernommen und viele befürchteten damit eine Entwicklung vom Open-Source-Unternehmen mit Verantwortungsbewusstsein für die Linux-Community, hin zur reinen Profitorientierung. Die Sorgen dieser Kritiker schienen sich in den letzten Jahren zumindest teilweise zu bestätigen: Zuerst wurde die stabile und beliebte Distribution CentOS eingestellt, weil sie nicht profitabel war und man sich scheinbar erhoffte CentOS-Nutzer in das kostenpflichtige RHEL drängen zu können. Es entstanden dann kostenfreie und kompatible Nachfolger wie Rocky Linux und Alma Linux, nicht zur Freude von Red Hat bzw. IBM. Die Reaktion darauf führte in der Linux-Community zu einem Aufschrei und wurde massiv kritisiert: Red Hat versuchte diesen CentOS-Alternativen das Wasser abzugraben, weil diese angeblich die Arbeit von Red Hat, ohne Gegenleistung, ausnutzen würden. Für viele Linux-Nutzer und Entwickler war diese Argumentation ein Skandal: Red Hat nutzte 20 Jahre lang die Arbeit der Linux-Community und machte damit Milliarden (3,4 Milliarden im Jahre 2018), stellt sich aber nun als Opfer von Diebstahl dar, weil die Community ihre Profitmaximierung ablehnte und Alternativen schuf.
Ob Fedora Linux mit einem solchen Unternehmen im Rücken noch weitere 20 Jahre existieren wird ist fraglich. Man würde es sich wünschen, da das Fedora-Projekt eine interessante Nische besetzte und in einigen Punkten bereit war als eines der ersten voranzugehen – z.B. bei der Nutzung von Wayland. Aktuell scheint aber, dass der Teil der Linux-Community recht hatte, der Linux immer als ein FOSS-Projekt (Free and Open Source Software) sah und nur als solches auf Dauer für überlebensfähig hielt.